EILUN FEER SKUUL
54° 41' 32" N - 8° 33' 23" O
Gymnasium & Gemeinschaftsschule Insel Föhr
Heute ist der 28.03.2024 | letzte Homepage-Aktualisierung 2024-03-15 18:46:06

Presseberichte
Presseberichte des Jahres 2011
Klassenzimmer wird zur Bühne
Hautnah erlebten die Schüler der Eilun Feer Skuul die Anbahnung eines Amoklaufs mit / Intensives Spiel der Schauspieler beeindruckte Ein Amoklauf, der glücklicherweise nicht stattfindet, ein Schüler, der sich der Tat verweigert, und ein weiterer, der sich das Leben nimmt. Inhalt des Theaterstückes "Plötzlich war er aus der Welt gefallen" von Michael Müller, Theaterpädagoge am Schauspielhaus Hamburg, das in der Eilun Feer Skuul zur Aufführung kam. Der Medienraum der Schule wird zum Klassenzimmer und das wiederum mutiert zur Bühne. Etwa 40 Schüler der Klassen G 9B und R 8A werden Zeuge, wenn Karl (Johannes Nehlsen) gemeinsam mit Freundin Helena (Fritzi Oster) noch einmal in seinen alten Klassenraum zurückkehrt. In gespielten Rückblicken verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Erinnerung, wenn Karl die Zeit vor dem finalen Tag Revue passieren lässt und versucht, die letzten Stunden zu rekonstruieren. Die sahen den Amoklauf der Freunde Karl und Johann (Felix Maue), genannt "Mut", vor. Karl überlegte es sich in letzter Sekunde anders und "Mut" traf in dem leeren Klassenraum nur auf die Lehrerin - erkannte, dass sein Vorhaben im Grunde nur ihn selbst zerstört, und erschoss sich. Sonst gibt es keine Opfer, und genau so wollte Müller es. Dessen Ziel war nicht, der Boulevard-Presse zu folgen und ein Monster darzustellen, das wahllos Menschen und schließlich sich selbst tötet. "Einen Moment erzeugen, in dem man nachdenkt", wollte er. Nicht Sympathien für den Protagonisten hervorrufen, sondern Reflektionen, dass es sich um einen Menschen handelt. "Wie kommt es, dass jemand in einer Klassengemeinschaft so weit aus der Realität herausfällt, sich dermaßen von der eigenen Person entfernt und gefühlsmäßig so kalt wird, dass er schließlich über Leben und Tod entscheiden will?" Und sie kam gut an, die Geschichte um einen Beinahe-Amoklauf. Die Schüler vergaßen, dass es sich um Fiktion handelte, ließen sich vom Dargebotenen einfangen und wurden somit Teil der tragischen Entwicklung. Nach der Vorstellung machten sie intensiven Gebrauch von der Möglichkeit, Fragen an die Akteure zu stellen, lobten das Stück und suchten Erklärungen. Die sukzessive Entfernung des "Mut" aus der realen Welt wurde von den Mitschülern nicht wahrgenommen, so ihr Fazit. Ein Außenseiter eben, ohne Bindung an die Klasse. Auch von der Lehrerin ausgegrenzt, die sich unbewusst auf die Seite der Klasse stellte. Eine solche Konstellation mache es unmöglich, die Eskalation im Vorfeld zu verhindern, die überall und zu jeder Zeit passieren könne. "Eine dermaßen intensive und konzentrierte Reaktion hatte ich mir gewünscht", zog Gabriela Wögens am Ende zufrieden Bilanz. Die Deutschlehrerin und Müller kennen sich aus Hamburg, wo der Theaterpädagoge für die Arbeit mit den Schulen zuständig ist. Wögens hatte auch die Idee, "das Stück auf die Insel zu holen", eine Idee, die bei den Verantwortlichen auf fruchtbaren Boden gefallen sei. Offensichtlich auch bei den Schülern, "die Betroffenheit, Belustigung und Erleichterung zeigten". Ziel sei von vornherein gewesen, ein Stück fürs Klassenzimmer zu schreiben, gab Müller Auskunft über die Entstehungsgeschichte, die sich eigendynamisch entwickelt habe. Ein Stück über Freundschaften sollte es werden, wobei der gebürtige Lübecker vom Mobbing-Thema ausgehen und eigene Erfahrungen verarbeiten wollte. Die Handlung in einem - letztlich nicht stattfindenden - Amoklauf enden zu lassen, erschien dem Autor folgerichtig. "Die Schüler standen noch sehr unter dem Eindruck der Aufführung", stellte der 52-Jährige am Ende eine Sprachlosigkeit der Schüler fest und glaubt, dass das Stück nachwirken wird. Sowohl in der schulischen Nachbereitung, als auch in Gesprächen mit den Eltern. Neu sei es für die Schüler, dass Theater so dicht an sie herankomme. "Sie haben sich auf die Aufführung eingelassen", sah Müller seine Befürchtungen nicht bestätigt, dass die Insellage dazu führen könnte, dass das Stück als realitätsfremd abgelehnt würde.
Peter Schulze, Der Inselbote, 16.5.2011

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